Universitäten sind Zentren der Innovation und Forschung. Die aktuelle Vierte Industrielle Revolution (4IR) hat jedoch viele von ihnen dazu gedrängt, über ihre bestehenden Forschungsbereiche hinauszublicken und Möglichkeiten des kollaborativen Lernens einzuführen, die mit dem sich verändernden Grad der Industrialisierung und Innovation einhergehen. Von den Vereinigten Arabischen Emiraten bis Australien und von Finnland bis zu den Vereinigten Staaten sind Universitäten gerade mit einer strategischen Umgestaltung beschäftigt, wobei sie zu Laboren für fortschrittliche Innovationen werden und die zukünftigen Arbeitskräfte auf die neuen Anforderungen vorbereiten. Hier ist ein Überblick über die Art und Weise, wie Hochschulen die vierte industrielle Revolution für ihre Zwecke nutzen und digitale Klüfte überbrücken:
Stärkung der Forschung durch Industriepartnerschaften
Universitäten und ihre Partner in der Industrie haben in den letzten Jahrzehnten bei der Lösungsfindung für komplexe technologische, sozioökonomische und ökologische Herausforderungen eng zusammengearbeitet. Der Beginn der Vierten Industriellen Revolution und die zunehmende Verbreitung fortschrittlicher Technologien in allen Sektoren haben dabei die Bedeutung und Notwendigkeit langfristiger Partnerschaften zwischen Universitäten und verbrauchernahen Unternehmen weiter verdeutlicht. Während Universitäten oft ein starkes Interesse daran haben, die praktische Tragweite ihrer Forschung zu ermitteln - d. h. zu prüfen, ob ihre Ideen aus geschäftlicher Sicht relevant sind und wie sie monetarisiert werden können -, suchen Unternehmen fortwährend nach Möglichkeiten, Lücken in ihren internen Forschungs- und Entwicklungskapazitäten zu schließen, um letztendlich ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem Markt zu steigern.
Ein aktuelles Beispiel ist eine Partnerschaft zwischen der University of South California und dem E-Commerce-Riesen Amazon, deren Zweck die Gründung eines Forschungszentrum ist, das sich auf die Entwicklung neuester Ansätze für Datenschutz, Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit beim maschinellen Lernen konzentrieren wird. Das Centre for Secure and Trusted Machine Learning, das an der USC Viterbi School of Engineering angesiedelt sein wird, wird sowohl Forscher*innen der USC als auch von Amazon zusammenbringen, die Tools und Lösungen in den Bereichen maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz entwickeln. Diese werden schließlich skaliert, um so Amazon-Kund*innen weltweit Support zu bieten. Neben der Entwicklung einer kollaborativen Forschungsumgebung wird das Zentrum jährliche Stipendien an sich auf entsprechende Bereiche spezialisierende Doktorand*innen vergeben. Zudem wird das Zentrum Workshops und Trainingsprogramme für Studierende und Lernende in den Bereichen Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen veranstalten.
In Australien hat die University of Sydney kürzlich ihre Zusammenarbeit mit Thales Australia, einem Rüstungsunternehmen, und HEO Robotics, einem in Sydney ansässigen Robotikentwickler, bekanntgegeben. Dabei sollen fortschrittliche Sensortechnologien zur Verfolgung und Erkennung von Objekten im Weltraum untersucht werden. Mit dem Ziel, einen Beitrag zum australischen Raumfahrtprogramm zu leisten sowie die Kompetenzen inländischer Fachkräfte auszubauen, werden im Rahmen der Partnerschaft Forscher*innen der University of Sydney mit Branchenführern auf dem Gebiet der Satellitensysteme an einer Vielzahl von Projekten arbeiten.
Förderung von Unternehmertum und experimentellem Lernen
Die wachsende Bedeutung von Künstlicher Intelligenz, Cloud Computing, Blockchain, Robotik, des Internets der Dinge und von 5G-Technologien haben für Regierungen und Industrieunternehmen auf der ganzen Welt eine neue Ära der digitalen und wirtschaftlichen Disruption eingeläutet. Von Lateinamerika bis Südostasien stehen Startups an der Spitze der Entwicklung innovativer und kosteneffizienter Lösungen für politische Entscheidungsträger*innen und Unternehmen und gestalten so die Zukunft der Vierten Industriellen Revolution. Um in dieser sich schnell entwickelnden Landschaft relevant zu bleiben, führen Universitäten Gründerzentren ein, in denen Innovator*innen mit erfahrenen Unternehmern, Industriepartnern, Regierungen und anderen Einrichtungen, die in der Lage sind, ihre Ideen zu finanzieren, zusammenarbeiten können. Auf der einen Seite ermöglichen diese Räume den Universitäten, ihren Studierenden experimentelle Lernmöglichkeiten anzubieten und ihre Netzwerke zu erweitern, während auf der anderen Seite externe Partner Zugang zu jungen, unternehmerischen Talenten sowie zu innovativen Ideen erhalten, die ohne diese Kooperationen möglicherweise nicht realisiert würden.
In den Vereinigten Arabischen Emiraten hat sich die Universität Dubai mit Krypto Labs, einem Inkubator und Accelerator mit Sitz in Abu Dhabi, zusammengeschlossen, um ein Innovationszentrum einzurichten, das Schulungen in unternehmerischen Kompetenzen anbietet und studentische Innovator*innen mit Investor*innen zusammenbringen soll. Das Zentrum wurde im Einklang mit der VAE-Strategie für die Vierte Industrielle Revolution gegründet und wird Einrichtungen und Arbeitsräume für Student*innen bereitstellen, die dort ihre unternehmerischen Ideen erproben können, sowie Workshops und Mentoring-Programme mit Expert*innen aus verschiedenen Bereichen organisieren. Die Partnerschaft kommt zu einer Zeit, in der die VAE bestrebt sind, den Umsatz ihres Industriesektors mit Hilfe von fortschrittlichen Technologien sowie Lösungen und Anwendungen der vierten industriellen Revolution zu maximieren.
In Finnland haben die Stadt Helsinki und die Aalto-Universität gemeinsam ein Startup-Gründerzentrum eingerichtet, das den Start unternehmerischer Aktivitäten im Bereich der nachhaltigen Stadtentwicklung unterstützen soll. Das Gründerzentrum mit dem Namen Urban Tech Helsinki wird vom Campus der Aalto-Universität aus operieren und auf die Entwicklung fortschrittlicher Technologielösungen und Forschungsprogramme in den Bereichen Abfallmanagement, nachhaltiges Bauen, Lebensmittelproduktion, saubere Energie, Kreislaufwirtschaft und urbane Mobilität hinarbeiten.
Instrumente für das Gemeinwohl entwickeln
Die andauernde Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit aufgrund von COVID-19, der Klimawandel und weitere sozioökonomische Herausforderungen haben deutlich gemacht, wie wichtig es ist, dass Hochschulen, Industriepartner, Regierungen und andere Beteiligte an der Entwicklung von Instrumenten zusammenarbeiten, die zur Lösung der bestehenden gesellschaftlichen Probleme beitragen können. Die akademische Welt wird dabei als wichtiger Akteur angesehen, weil sie den Wissenstransfer ermöglicht und geistiges Eigentum in kommerzielle Projekte übertragen kann. Da immer mehr Universitäten mit Industriepartnern zusammenarbeiten und zur Verbreitung von Technologien der Vierten Industriellen Revolution beitragen, geraten Universitäten sowohl in Entwicklungs- als auch in Schwellenländern zunehmend unter Druck, technologische Instrumente für einen größeren sozialen Nutzen zu entwickeln.
In den Vereinigten Arabischen Emiraten hat sich jüngst die Mohamed bin Zayed University of Artificial Intelligence (MBZUAI), die weltweit erste forschungsbasierte Universität für Künstliche Intelligenz, mit der Abu Dhabi Health Services Company (SEHA) zusammengeschlossen, um gemeinsame Forschungsprogramme zur Anwendung von auf Künstlicher Intelligenz basierenden Lösungen im Gesundheitswesen zu realisieren. Im Mittelpunkt dieser Partnerschaft steht der Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur "schnellen Quantifizierung von COVID-19-Infektionen durch Messung eines Infektions-Scores auf verschiedenen Lungenflügeln" sowie zur Beurteilung des Schweregrads von Infektionen und zur Ausstattung des medizinischen Fachpersonals mit fortschrittlichen Tools zur Viruserkennung. Darüber hinaus werden die Klinikmitarbeiter*innen von SEHA und die Fakultät des MBZUAI die langfristigen Auswirkungen von COVID-19 auf die Einwohner*innen der VAE untersuchen und Werkzeuge der Künstlichen Intelligenz entwickeln, mit denen der Datenschutz beim Zugriff auf Patientenakten gewährleistet werden soll.
In Israel haben der Technologieriese Google und die Universität Tel Aviv das dreijährige Kooperationsprogramm "AI for Social Good" ins Leben gerufen, das die Forschung im Bereich der Künstlichen Intelligenz nutzen wird, um ein breites Spektrum an sozioökonomischen Problemen zu lösen. Konkret wird die Partnerschaft fortschrittliche Forschung in den Bereichen Datenwissenschaft und Künstliche Intelligenz in einer Vielzahl von Disziplinen fördern, darunter Geowissenschaften, Zoologie, Anthropologie, Kommunikationsstörungen und Wirtschaft. Im Februar kündigte die Universität zudem die Gründung eines Zentrums für Künstliche Intelligenz und Datenwissenschaft (TAU) an, das allen Universitätsstudent*innen, unabhängig von ihrer Spezialisierung, Kurse in Künstlicher Intelligenz anbieten wird.
Lesen Sie mehr darüber, wie die Vierte Industrielle Revolution 4IR und künstliche Intelligenz unsere Welt verändern werden im GMIS Knowledge Hub: https://gmisummit.com/knowledge-hub